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Mercredi 6 avril 2016, 14h30-16h, MSHA, salle 2.

Elena Agazzi (Universität Bergamo – Italien).

Geschichtsschreibung und Fiktion. Judith Kuckarts Die schöne Frau (1994) und Marcel Beyers Spione (2000).

Die Gattung des Generationen- und Familienromans ist diejenige, die in den 1990er Jahren am meisten erfolgreich gewesen ist und eine neue Welle in der deutschsprachigen Literatur gebildet hat. Sie bedient sich meistens der Technik der Spurensuche und ermöglicht eine Rekonstruktion sowohl von individuellen (autobiografischen oder fingierten) Erfahrungen, wie auch von kollektiven, welche die Kriegsgenerationen unmittelbar gemacht haben. Wenn man die hier besprochenen Romane, Judith Kuckarts (geb. 1959) Die schöne Frau (1994) und Marcel Beyers (geb.1965) Spione (2000) als Produkt der dritten Nachkriegsgeneration lesen will, dann sollte man besonders berücksichtigen, dass es im ersten Fall um die Entdeckung eines schrecklichen Geheimnisses geht, das die Protagonistin direkt involviert und eine NS-Organisation für die Zucht von arischen Kindern in den Vordergrund rückt; im zweiten geht es um eine Familien-Recherche aufgrund des Ausbleibens von Nachrichten über das Schicksal der Großeltern des Ich-Erzählers. Nachdem sich Beyer in Flughunde (1995) mit der Akustik in der NS-Zeit befasst hatte, beschäftigt sich dieser Roman mit der Optik und bietet dem Leser einige interessante Überraschungen im Rahmen der Spurensuche.